SCHEIDGEN MARKTFOKUS Februar 2025
Neuwied, 1. März 2025
Der Elefant im Porzellanladen
Donald Trump versprach seinen Wählern den Beginn eines neuen goldenen amerikanischen Zeitalters
Die Märkte reagieren darauf mit dem Rückgang von US-Aktien und der Erholung von Regionen in Europa und in Schwellenländern. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob diese Trends, insbesondere nach dem skandalösen Treffen von Selensky und Trump im Weißen Haus, nachhaltig sein werden. Gold bleibt aus guten Gründen weiterhin gefragt. Kryptowährungen, die von den Vertretern der Branche gerne als "Wertspeicher" bezeichnet werden, erlitten empfindliche Einbußen.
Alle Angaben in Euro - Quellen:Fonds professionell, Onvista
Der fundamentale Unterschied zwischen Preis und Wert
Die amerikanischen Aktien sind überteuert, und das ist Fakt. Beim erfolgreichen Investieren müssen belastbare Preis-Wert-Verhältnisse ermittelt werden. Diese ergeben sich aus den historischen und erwartbaren Gewinnen sowie der Bilanzqualität. Die folgende Grafik von Taunus-Trust zeigt die Entwicklung der Bewertungen des US-Aktienmarktes innerhalb von Bandbreiten, die als durchschnittlich, überdurchschnittlich und preiswert bezeichnet werden können. Trotz gelegentlicher Rezessionen ist die Entwicklung der Unternehmensgewinne recht stabil geblieben. Nun haben wir eine ähnliche Situation der Überbewertung wie im Jahr 2000, als die Internet-Euphorie die Aktienkurse weit weg von ihren fairen Bewertungen brachte. Nach dem Schock der Finanzkrise 2009 erreichten die Aktienkurse in Relation zu ihren Gewinnen sehr günstige Niveaus, und wir wissen, dass die folgenden Krisen mit extrem niedrigen Zinsen gemeistert werden konnten. Insbesondere in der Corona-Pandemie wurden die Geldschleusen weltweit nochmals deutlich geöffnet. Die Digitalisierung hat damit einen ordentlichen Schub bekommen, insbesondere durch die Nutzung von KI. Seitdem fließt viel Kapital in die USA. Die Tatsache, dass Amerika unter Donald Trump seine erlangte Vormachtstellung unter dem Primat des Stärkeren zum eigenen Nutzen ausschlachten möchte, erscheint als eine Ironie des Schicksals. Das erhöht die globalen Risiken.
Im Gegensatz zu USA sind Aktien aus Schwellenländern preiswert
Die Kapitalmärkte basieren auf Geschichten, die immer glaubhafter werden, je mehr Anhänger sie finden. Die Internetblase 2000 war so eine Geschichte. Ende 2001 führte Goldman Sachs den Begriff der BRICS-Staaten ein, die für die größten Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika standen. Damit nahm der Globalisierungszug Fahrt auf. Auch diese Geschichte löste eine Euphorie aus, die in eine Überbewertung mündete, die korrigiert wurde (siehe die nachfolgende Grafik). Mit dem erneuten Überfall von Russland auf die Ukraine wurden russische Aktien für ausländische Anleger nicht mehr handelbar und damit wertlos. Das wirkt sich auch auf China aus, welches eine Wiedervereinigung mit Taiwan anstrebt. Mit Blick auf die Erfahrungen in Russland machte das Anleger sehr vorsichtig. Vor einigen Wochen hat das chinesische KI-Unternehmen DeepSeek die US-Konkurrenz in den Schatten gestellt. Und auch im Bereich E-Mobilität scheint der chinesische Autokonzern BYD den Konkurrenten zu enteilen. Die USA können sich auf ihre technologische Führerschaft jedenfalls nicht verlassen. Es ist ein strategischer Fehler der USA, das Feld rund um die Technik der erneuerbaren Energien den Chinesen kampflos zu überlassen. Hier wird sich die Zukunft entscheiden. Europäische und insbesondere deutsche Aktien haben in den letzten Wochen davon profitiert, dass sie im Vergleich zu den US-Werten deutlich preiswerter notieren. Auf der aktuellen Preisbasis sind sie weder über- noch unterbewertet.
In Go(l)d we trust
"In God we trust" – dieser historische US-Wahlspruch findet sich auch auf den US-Dollar-Scheinen und -Münzen. Gold spielt in der mythologischen Welt der Menschen eine wichtige Rolle. Das glänzende Edelmetall hat in den letzten fünf Jahren regelmäßig bessere Verzinsungen erzielt als ein breit gestreutes Aktienportfolio. Dieser Trend hat sich sogar nochmals verstärkt. Die globalen Notenbanken haben in den letzten drei Jahren ihre Goldbestände um über 1.000 Tonnen aufgestockt. Das ist mehr als im Zeitraum von zehn Jahren zuvor. Warum stocken die globalen Notenbanken ihre Währungsreserven mit Gold auf? Im Hinblick auf die US-Politik ist dies vor allen Dingen für Notenbanken aus den Schwellenländern empfehlenswert, um sich vom vorherrschenden US-Dollar Regime zu emanzipieren. Die von den westlichen Staaten unter der Führung der USA verhängten Sanktionen gegen Russland, die zu einem Einfrieren von USD-Guthaben führten, machen dies notwendig. Die Notenbanken sind nicht kurzfristig spekulativ orientierte Anleger, die ihre Gewinne realisieren müssen. Ganz im Gegenteil: Die Märkte spekulieren auf eine Höherbewertung des Goldbesitzes der Notenbanken, die zu historisch niedrigen Kursen in den Büchern schlummern. Auch die Deutsche Bundesbank verfügt über erhebliche stille Reserven. Der Goldstandard hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg im System von Bretton Woods bis 1973 bestens bewährt. Sollte es jemals zu einer Neuordnung des internationalen Zahlungssystems und zu Währungsreformen kommen, wäre das eine bewährte und naheliegende Lösung.

Fazit:
Wir leben in unsicheren Zeiten, das ist klar. Donald Trump ist der Elefant im Porzellanladen. Die angekündigte US-Zollpolitik ist für alle Seiten nachteilig und bedeutet die Rückabwicklung der Globalisierung, die für die Weltwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten ein großer Erfolgsfaktor war. In der kurzen Zeit seiner Amtszeit hat die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Amerika schon großen Schaden genommen. Es ist daher kein Wunder, dass sich im Rest der Welt Gegenkräfte formieren, die sich auf die eigenen Stärken besinnen. Das ist auch der Grund, warum die Chinesen technologisch die USA herausfordern – hier hat Europa noch Nachholbedarf. Nun ruhen die Hoffnungen in Europa auf einer wirtschaftsfreundlichen Politik der neuen deutschen Regierung. Diese kann – im Gegensatz zu Amerika – durch sinkende Euro-Zinsen und unter Inkaufnahme einer höheren Verschuldung flankiert werden.
Die über Jahre lang zu niedrigen Zinsen und andere Faktoren haben den US-Aktienmarkt in eine Region hoher Überbewertung geführt. Diese wird früher oder später korrigiert werden. Donald Trump könnte entgegen seiner Absicht ein Katalysator in diesem Prozess sein. Überbewertungen auf der einen Seite führen zu Unterbewertungen auf der anderen Seite. Günstige Preise findet man in Schwellenländern und zum Teil auch in Europa, gerade bei Aktien aus der zweiten Reihe. Niemand kennt die Zukunft. Ich empfehle insbesondere flexible, aktive, vermögensverwaltende Fonds mit einer hohen Liquiditätsquote, einem substanziellen Goldanteil und der Konzentration auf unterbewertete Aktien, aus unterbewerteten Regionen und unterbewerteten Branchen. Dies stellt auch langfristig den optimalen Schutz in Phasen kurzfristiger Volatilität dar.
Michael Scheidgen
private finance e.K.
Stefan-Andres-Straße 23
56567 Neuwied
Telefon: 02631/953960
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