SCHEIDGEN MARKTFOKUS Mai 2025
Neuwied, 31. Mai 2025
Neue Rekordmarken im Visier - Rückschläge werden als Chance gesehen
In meinem letzten Monatsrückblick habe ich in Bezug auf die Entwicklung der Aktienkurse von widersprüchlichen Signalen berichtet
Diese haben sich relativ eindeutig in die positive Richtung aufgelöst. Nach den Turbulenzen, die durch die von Trump in Aussicht gestellten Zölle verursacht wurden, kam es wieder zu einer sogenannten "V-förmigen" Erholung an den Märkten. Wie bereits während der Corona-Pandemie, des Angriffs Russlands auf die Ukraine, der Konkursen der Silicon Valley Bank in den USA und der Credit Suisse in der Schweiz, sahen Investoren in den Rückgängen Chancen für einen günstigen Einstieg. Dieses Muster zeigt sich erneut und die Märkte streben nach neuen Höchstkursen, die der Deutsche Aktienindex DAX bereits überschreiten konnte. Nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Berlin wird sich die deutsche Wirtschaft auch im dritten Jahr in Folge in einer Rezession befinden. Auf welche Art und Weise ist dies alles miteinander zu vereinbaren? Nachstehend versuche ich die Gründe für diese überraschenden Entwicklungen in zu skizzieren.
Alle Angaben in Euro - Quellen:Fonds professionell, Onvista
Die Schwäche des USD schafft Raum für Alternativen
Geld fließt dahin, wo es die besten Renditeaussichten vermutet. Seit Donald Trump Präsident ist, haben sich die Kapitalströme verändert. Anleger aus Amerika verdienen viel Geld in Europa. Das liegt daran, dass die Aktienpreise steigen und der Euro stark ist. Und Anleger aus Europa verdienen in Asien aktuell mehr Geld als in den USA. Auch dort sind die Währungen mittlerweile stärker als der Dollar. Für Anleger ergeben sich Alternativen.
Die Emanzipation der Schwellenländer ist überfällig. Im Jahr 1985 repräsentierten die Länder der Emerging Markets 16 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts. Heute nach einem Zeitraum von vier Jahrzehnten wurde ein Anteil von 34 Prozent erreicht, was einer Verdopplung des ursprünglichen Anteils entspricht. Die Gewichtung der Emerging Markets im globalen Kontext hat sich lediglich marginal von 10 % auf 11 % erhöht.
Bei den USA verlief die Entwicklung konträr. Der Anteil am globalen Bruttosozialprodukt hat sich seit 1985 lediglich marginal von 25 % auf 26 % verändert. Die Gewichtung amerikanischer Aktien im weltweiten Kontext stieg jedoch signifikant von 34 % auf aktuell 64 %. Hinter diesen Zahlen verbergen sich signifikante Bewertungsunterschiede. Anders ausgedrückt: Aktien aus den Vereinigten Staaten sind relativ teuer, während Aktien aus den sogenannten Emerging Markets relativ günstig sind. Die Entwicklung der letzten Monate deutet auf einen anhaltenden Trend hin, der das Potenzial hat, sich langfristig zu etablieren.
USA müssen gegen steigende Risikoprämien und Zinsen kämpfen
Donald Trump regiert zu einem überwiegenden Teil mittels Dekreten am Kongress vorbei. Laut Bundesregister hat er bereits 152 dieser Order unterschrieben, deutlich mehr als all seine Vorgänger außerhalb der Weltkriege zusammen. Sein zentrales Vorhaben, ein Steuergesetz, das massive Steuersenkungen und Einschränkungen staatlicher Leistungen vorsieht, muss jedoch noch durch den Kongress. Die bereits heute bestehende Lücke im Staatshaushalt von 6,5 % wird sich dadurch laut Berechnungen von Ökonomen auf 9 % erhöhen. Die gesetzlich einzuhaltende Schuldenobergrenze von 36 Billionen USD steht bereits im August zur Disposition.
Seit 1980 sind die US-Zinsen im Trend bis 2020 gefallen (siehe nachfolgende Grafik). Dann kam die Pandemie und die Inflation schoss in die Höhe. Mittlerweile liegen die Preissteigerungen mit rund 2,5 % wieder im unkritischen Bereich. Dennoch befinden sich die Zinsen für US-Staatsanleihen im Aufwind. Bei einer zunehmend unsoliden Haushaltsführung verlangen die Märkte zu Recht höhere Risikoprämien in Form von höheren Zinsen.
Bis 2020 konnten stetig steigende Schulden noch relativ günstig refinanziert werden. Die Zeit des risikolosen Gelddruckens scheint nun der Vergangenheit anzugehören. Das hat auch die US-Notenbank Fed unter ihrem Vorsitzenden Jerome Powell erkannt, den Trump am liebsten sofort absetzen würde. Rechtlich sind Donald Trump die Hände gebunden. Powells Amtszeit endet in einem Jahr. Eine laschere Geldpolitik ist also nur eine Frage der Zeit. Ein Trump genehmer Notenbank-Chef wird versuchen, sowohl die kurz- und auch langfristigen Zinsen unter Kontrolle zu bekommen. Damit könnten die Inflationsgefahren wieder markant ansteigen. Diese Gefahr haben die Märkte schon heute im Blick und die Risiken für Anlagen in den USA haben sich erhöht.
Gelassenheit im Zollchaos
Die Unsicherheit im von Donald Trump angerichteten Zollchaos wird immer größer. Mittlerweile beschäftigen sich auch die Gerichte mit diesem für alle Beteiligten unerfreulichen Thema. Die Märkte reagieren inzwischen gelassener und hoffen auf ein einigermaßen versöhnliches Ende. Wie hoch die künftigen Zölle auch sein werden: Die Welt wird nicht mehr so sein wie früher – sie wird vor allem teurer werden.
Welche Produkte exportieren die USA? Im Wesentlichen sind es umstrittene Güter wie Gas, Öl und Rüstungsgüter. Unternehmen wie Coca-Cola, McDonald's, Starbucks, Apple oder Microsoft verdienen zwar mit Geschäften im Ausland sehr viel Geld, tragen aber nicht zur Exportleistung ihres Landes bei. In der Regel werden ihre Gewinne auch nicht in den Ländern versteuert, in denen sie erzielt werden. In den USA sind die Körperschaftssteuern bereits heute sehr niedrig. Die Regierung plant, sie nochmals zu senken. Die USA suchen die machtpolitische Konfrontation, anstatt gemeinsame Probleme im partnerschaftlichen Dialog zu lösen. Das ist für alle Beteiligten ein gefährlicher Kurs.
Fazit:
An den Märkten ist eine relative Ruhe eingekehrt. Sie könnte trügerisch sein. Die US-Wirtschaft zeigt sich, anders als zwischenzeitlich befürchtet, noch in einer relativ guten Verfassung. Die Inflation ist aktuell unkritisch, die Arbeitslosigkeit niedrig, die Arbeitseinkommen entsprechend hoch und die sich in der Nähe ihrer Höchststände befindlichen Aktienkurse untermauern die wieder verbesserte Konsumentenstimmung.
Dennoch könnte die populistische „America first”-Politik vor dem Scheitern stehen. Wer möchte unter den gegebenen Voraussetzungen noch in den USA studieren? Für welche Wissenschaftler ist das Land noch attraktiv? Wie steht es um die Rechtssicherheit von Investitionen ausländischer Unternehmen in den USA? Welche Folgen hätte ein schwächerer USD für Investoren?
Unter diesen Voraussetzungen fließt heute schon Kapital eher nach Europa und in die Schwellenländer. Dort sind die Aktienpreise noch niedrig und es winken zusätzliche Währungsgewinne. Solange die Zinsen kein Problem darstellen, werden Aktien weiterhin gefragt sein.
Die Märkte verlassen sich dabei auf die Notenbanken. Wie in der Vergangenheit könnte diese mit Aufkaufprogrammen von Anleihen und Zinssenkungen die wachsende Schuldenlast handelbar machen. Entsteht dabei die befürchtete Inflation, sind Anleger mit Aktien und Gold besser beraten als mit Anleihen. In einem zunehmend unsicheren Umfeld ist ein erfahrenes Fondsmanagement mit Navigationstalent gefragt. Diese unterstellte Qualifikation ist die Grundlage für meine Empfehlungen.
Michael Scheidgen
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